Die Pleiten des Wochenendes …

Hier ein Beitrag für alle diejenigen, die sich über ihre zahllosen Fehler ärgern – keine Angst, sogar den Besten passieren z.T. eklatanteste! So auch wieder dieses Wochenende, wo mich einige besonders krasse Beispiele zum Erstellen dieses Beitrags „ermuntert“ haben 🙂 … .

Beginnen wir mit einem besonders krassen Beispiel beiderseitiger Schachblindheit vom Tashir-Weltklasseeinladungsturnier aus Moskau:

Morozevich-Inarkiev-1

Morozevich-Inarkiev, nach 40. …cd:

Weiß hat wie auch Schwarz soeben die Zeitkontrolle geschafft, und hätte mit 41.Td4:! leicht remis erzielen können. Ohne jedoch groß nachzudenken schlug er jedoch mit der Dame!!

Morozevich-Inarkiev-2

Nun hätte Schwarz Weiß natürlich sofort zur Aufgabe zwingen können, und eigener Aussage zufolge sah „Moro“ das Malheur bereits, als er die Dame in die Hand nahm … . Aber eben zu spät! So dürfte für ihn ein ca. 20-minütiges Martyrium begonnen haben, denn …

Morozevich-Inarkiev-3… wie auf diesem Screenshot der Liveübertragung zu erkennen, überlegte Inarkiev hier bereits über 15 Minuten! Und damit war klar, daß er es bis dahin noch nicht gesehen haben konnte. Und tatsächlich – schlußendlich zog Inarkiev 41. …Dc7?? !

Morozevich-Inarkiev-5

Wie man an diesem Screenshot gut erkennen kann, ist Moro vom eben geschehenen noch ziemlich geschafft und kann sein Glück nicht so recht fassen. Denn wie auch Inarkiev 41. …Tc1+! übersehen konnte, ist schon erstaunlich!

Einen ähnlich schlimmen Fehler sah man aber auch sogar heute bei der Weltmeisterschaft!

Carlsen-Anand-1

Carlsen-Anand

Wie unschwer zu erkennen ist, steht Schwarz unter schwerem Druck: sein Bauer auf f3 ist potentiell schwach, und Weiß droht „einfach“ 35.Db7. Dagegen hilft natürlich nicht 34. …Tb8 wegen 35.Dc4+ Kh8 36.Df7 Tg8 37.Te8 nebst Matt. Anand zog stattdessen 34. …h5??, was aber natürlich auch nichts gegen 35.Db7 tut, und gab daher nach diesem Zug auf. Gewisse Chancen auf ein Remis boten dagegen noch 34. … Dd4 oder …Dd2.

Ebenfalls außerordentlich , wenn auch vielleicht nicht ganz so hoch, ist das Niveau in der Bundesliga, welche ja wieder ein langes Wochenende mit vielen Partien zu bieten hatte. Ins Auge stach mir dabei folgende Stellung:

McShame-Vachier-Lagrave

 McShane-Vachier-Lagrave

 Wie unschwer zu erkennen, droht Schwarz den Läufer auf d1 zu schlagen, und Weiß hat keine große Auswahl, ihn zu decken, was ihn aber nicht daran hinderte, 6 Minuten über ihn nachzudenken und schließlich doch zu scheitern …

McShame-Vachier-Lagrave-2

Stellung nach 42.Ke1??

Mal abgesehen davon, daß der König auf e2 aktiver gestanden wäre, sollte doch klar sein, daß es sicherlich keine gute Idee darstellt, den Läufer gefesselt zu lassen und den König in den Schachbereich des Springers zu stellen. Jedenfalls zog Schwarz natürlich wenig überraschend 42. …a4!, und Weiß blieb nur noch die sofortige Aufgabe … .

Denn spätestens nach 43.ab: ab: 44.Ta8 a3! zeigt sich, daß Weiß mit 42.Ke1?? so ziemlich alles falsch gemacht hat … (45.Ta3: Sc2+). Immerhin kostete d a s nicht den Mannschaftskampf … .

Korpa-Tischbierek

Korpa-Tischbierek, nach 77. … Ke1

Die Stellung befindet sich eigentlich völlig im Gleichgewicht. Züge wie Sc1 oder noch besser Sd4, welche das drohende Se2+ verhindern, waren zur Wahrung perfekt. Nach 6 1/2 h Spieldauer kann es aber wohl auch einem 16-jährigen Nachwuchs-IM passieren, daß er müde wird, jedenfalls „rettete“ er mit 78.h5?? seinen h-Bauern, und gab nach 78. …Se2+ auf.

Blöd nur, daß es beim Stand von 3,5:3,5 passierte … .

Nun einige weitere Beispiele, wie man in vermeintlich einfachen, übersichtlichen  Endspielen wie dem eben gezeigten daneben liegen kann:

Weiß hat hier zwar einen Bauern weniger, aber muß sich aber eigentlich keine zu großen Sorgen ums Remis machen – er muß eigentlich nur verhindern, daß der abgeschnittene schwarze König zum Königsflügel gelangt … .

Wirig-Ernst, nach 62. …Kc5

Wirig-Ernst

63.Ta4??

Schwarz nahm die Einladung natürlich dankend an, zog 63. … Kd5, und gewann ohne weitere große Probleme … .

Auch im nächsten Beispiel ist eine Seite in Nöten,  hätte sich aber wohl noch halten können …

Skibbe – Pogan

Skibbe-Pogan-1

Nach 61. …Kh6 hätte Schwarz noch am ehestens auf Remis hoffen können, zog aber das bedeutend logischere 61. …Kf8 ?? …

Skibbe-Pogan-2

… um nach …

Skibbe-Pogan-3

… 62.Tg2! feststellen zu müssen, daß er sich im Zugzwang befindet!

Wenig später …Skibbe-Pogan-4

65.e7+ 1:0

Noch schwieriger liegt der Fall in der folgenden Stellung:

Schneider-Scholz-1

Schneider-Scholz, nach 43.Kh4

Hier konnte Schwarz allem Anschein nach mit 43. …Ke8! (Tg2: ?44.Tb7 nebst a7) noch ein Remis erzielen (44.Kg5 g3! 45.Kg6: Tg2: usw.), versuchte aber, mit dem logisch erscheinenden 43. …Ta5?!

Schneider-Scholz-2

dem weißen König den Weg nach vorne abzuschneiden, was sich nach 44.f5! aber als unzureichend herausstellte. Dennoch hätte Schwarz nach 45. …gf: 46.Kh5: g3 47.Kg5 Ke8! (statt Ta2??) immer noch remis halten können sollen!

Elementare Endspielgrundlagen waren in folgender Stellung gefragt:

Meins-Feygin-1

Meins-Feygin

Am einfachsten gewann hier 67.Dd8+ … . Weiß nahm jedoch mit De6:?? den Bauern sofort und ließ so eine der ganz wenigen theoretischen Stellungen von Dame gegen Turm zu!  Schwarz gab jetzt immer Schach auf g7 und h7 …

Meins-Feygin-2

… und auch hier ließ er sich nicht davon abhalten, und so endete die Partie nach 73. …Th7+! 74.Kh7: patt remis!

Zurück zu den komplizierteren Mittelspielen …

Ris-Piorun

Ris-Piorun, nach 29.Lg3

Hier ließ Schwarz, statt mit 29. …Da6 den Schaden zu begrenzen zu versuchen, 29. …Td3?? vom Stapel, und „zwang“ Weiß quasi zu Le5:!

Wenig später …

Ris-Piorun-2

35.Tc8+ 1:0

Schenk-Kempinski

Schenk-Kempinski, nach 28. …Dd4

Hier ist Weiß in Nöten, aber mit 29.Df2 ließ sich der Schaden wohl noch begrenzen. Stattdessen geschah 29.Kf2??, und nach 29. …Ta6! wurde Weiß gewahr, daß er b2 nicht mehr decken konnte, 2 Züge später (30.Dc3 Tb6 31.Lc2 Tb2:) daher 0:1!

Saltaev-Fish-1

Saltaev-Fish, nach 22.Tfd1

Hier betätigte Schwarz mit dem „Bauerngewinn“ 22. …Se4:?? den Selbstzerstörungsknopf, denn nach 23.Td4 Sg5 …

Saltaev-Fish-2

kann Weiß ja einfach auf c4 weiternehmen, und nach 24. …Sh3:+ 25.Lh3: Tc4: 26.Le6:+ nebst 27.Lc4: verbleibt er mit einer Figur mehr. Schwarz gab daher auf.

Guliyev-Yankelevich

Guliyev-Yankelevich,  nach 39.De2

Nach 39. …g6!, was mögliche Diagonalschachs der weißen Dame aus der Stellung nimmt, wäre Schwarz gar nicht so schlecht gestanden … . Er griff jedoch mit 39. …Lc3?? den Bauern a5 an, worauf ihn Weiß natürlich mit 40.Ta6: deckte, da ja 40. …Db7+ an De4+ scheitert, und Schwarz nach 40. …Db5 41.De4+ f5 42.De6: aufgeben mußte.

Heinemann-Zajogin-1

Heinemann-Zajogin, nach 31.Tde1

Weiß scheint einen unangenehmen Druck auf der e-Linie auszuüben, aber nach 31. …Df7 oder sogar Df5 wäre nichts los gewesen. Schwarz ließ sich jedoch zum Schablonenzug 31. …Te6? hinreißen, und nach 32.Te6: De6: 33.f5!Heinemann-Zajogin-2

war eigentlich ein Bauer weg, aber nach 33. …gf:?? 34.Dg3+ war es sogar der Läufer, daher 1:0 … .

Nyback-Yussopow

Nyback-Jussupow, nach 24.Lh7:

Artur Jussupow hat den Ruf, ein sehr sicherer Spieler zu sein – hier ließ er aber die nötige Sorgfalt missen, denn anstatt auf e1 die Türme zu tauschen und erst dann auf h7 zu nehmen (=), nahm er unverzüglich auf h7 …Nyback-Yussopow-2

Nyback-Jussupow, nach 24. …Kh7:??

was nach 25.Lc7! zu einem bösen Erwachen geführt hätte (25. …Dc7: (Te1: Se1:+ Schach!) 26.Te8:+-)! Er hatte jedoch Glück: 25.Se5+? Kg8 26.Dc4+ Kh7 27.Dc2+ remis.

Svane-Zeller-1

Svane-Zeller, nach 26. …Tc3

Weiß steht schlecht und hätte 27.b4 versuchen sollen. Er wollte es jedoch wissen und nahm den Bauern auf d4 …Svane-Zeller-2

Svane-Zeller, nach 27.Td4:??

Hier wurde „unser“ Prinz nun mit 27. …e5! (natürlich!) unsanft aus seinen Träumen „geküßt“, und nach 28.fe: fe: 29.Te5: folgte nochSvane-Zeller-3

Dd4:+! 0:1

Laznicka-Duda-1

Laznicka-Duda, nach 32.Te2

Ob sich hier Schwarz gefragt haben mag, ob Weiß mit seinem letzten Zug eine bestimmte Idee verfolgte!? Wohl eher nicht … . Es folgte jedenfalls 32. …Kg7?? (c4!?, Dc3!?), und nach 33.e6! drohte höchst peinlich Lb2 … . Daher zog Schwarz jetzt 33. …Kg8, aber nach 34.Lb2 Df4 Laznicka-Duda-235.Lf6! Lf6: 36.gf6: Df6:Laznicka-Duda-3

37.Sg6:! wurde ihm die Öffnung der g-Linie zum Verhängnis, und Weiß meisterte den technischen Teil auf anspruchsvolle Weise (1:0, 60).

Zum Abschluß ein Wechselbad der Gefühle …

Burg-Hausrath-1

Burg-Hausrath, nach 32. …Ta1

Hier unternahm Weiß mit 33.Kh2?? einen höchst verständlichen Entfesselungsversuch …Burg-Hausrath-2

… was Schwarz aber korrekt mit 33. …Taf1:! widerlegte, und nach 34.Lf1: Sf3+ unternahm Weiß mit 35. Kg3 …Burg-Hausrath-3

noch den besten praktischen Rettungsversuch, welchem sich Schwarz aber mit 35. …Df5! zunächst gewachsen erwies, nach 36.Te2 jedoch …

Burg-Hausrath-4

begann Schwarz beginnend mit 36. …Dg5+? (g6! mit Gewinnstellung) die Partie zu entgleiten, und er verlor am Ende sogar noch (Endstand 4:4 …)!

So, daß waren fürs erste mal wieder genug Pleiten und Pannen, laßt euch nicht davon anstecken, sondern macht es besser, und falls euch  dies nicht gelingen sollte, dann tröstet euch damit, daß auch diverse „Fachkräfte“ es ja auch nicht besser machen!

3 Gedanken zu „Die Pleiten des Wochenendes …“

  1. Vielen Dank für eure Kommentare! Sind gelungen, und so weiß man, daß man das ganze nicht umsonst in die Welt gesetzt hat!

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