Vorweihnachtlicher Stress im Schachklub

Vor dem kommenden Weihnachtsblitz einmal abgesehen wurde gestern das Vereinsjahr mit der fünften Runde der VM abgeschlossen. In zwei von vier Partien kam es zu einem äußerst mühsamen und teils nervenaufreibenden Zweikampf, während draußen der Sturm über dem nächtlichen Unterland herrschte.
Überraschend hatte der große Mitfavorit auf den Titel, Holger Scherer, große Mühe gegen den erneut Caro-Kann aufstellenden Norbert Eberhardt. In einer offen geführten und äußerst schwankungsreichen Partie erlag letztlich Schwarz der Ermüdung und kam über ein Remis nicht hinaus.
Die Partie A. Hahn gegen Vereinschef Bruno Geigle verkam dagegen zu einem spielerisch ziemlich soliden, zeitbedingten Nervenspiel. Die Partie selbst bewegte sich in leichten Vorteilen von ungefähr +0.5 nach -0,5; die Zeiteinteilung auf beiden Seiten war dagegen geradezu haarsträubend. Und zwar hatte Geigle nach schweren und dabei wohl unbegründeten Zweifeln an einem eigenen Zug schon nach zehn Zügen eine glatte Stunde weniger auf der Uhr, als Weiß. Alsbald war es dann Weiß, der ins Stocken geriet und seine überschüssige Stunde investierte. Inzwischen standen vielleicht 10 Minuten gegen 2 Minuten für ein rundes Dutzend Züge. Nun passierte Folgendes: Hahn, von einer garstigen Lust am Taktieren ergriffen, lehnte das freundschaftliche Remisangebot seines zeitarmen Gegenspielers ab, obwohl er es eigentlich für das menschlich Korrekte gehalten hatte. Die Initiative lag längst bei Geigle, der zudem mit brillanter Raschheit seine verbliebenen Sekunden ausnutzte, — wohlgemerkt nach nahezu vier Stunden intensiver Überlegung. Hahn verteidigte sich nicht ohne ein Gefühl akuten Schwindels, fand aber, bis auf eine kleine Ausnahme, gute und dabei pittoresk ästhetische Haltezüge: als die Uhr 9 Sekunden gegen 11 Sekunden zugunsten von Schwarz anzeigte, wurde beiderseits innegehalten und die fehlende Notation rekonstruiert. Ein damenloses Endspiel war stehengeblieben, das sich noch remisbreit verhielt und als solches auf Anerbieten von Weiß durch den glänzenden Routinier angenommen wurde.
Außerdem führte Frank Amos gegen Werner Stützer eine Mehrfigur zum Sieg und Karl-Friedrich Nieke verhandelte gegen Hardy Krüger ein kleines Abtauschverhältnis zum Remis.