… war heute in Gibraltar in meinen Augen die Begegnung zwischen der seit ca. 20 Jahren die Weltrangliste der Frauen anführenden Judit Polgar und der Nummer 2 der Weltrang-liste und amtierenden Weltmeisterin You Hifan! Beide hatten zuvor noch nie gegenein-ander gespielt, nicht zuletzt auch deshalb, weil Judit – von ganz wenigen Ausnahmen einmal abgesehen – aus Prinzip nicht bei Damenturnieren antritt. Dies vermeidet sie eigener Aussage zufolge vor allen Dingen deshalb, da sie solche Turniere als zu anspruchslos empfindet, da die daran teilnehmende Gegnerschaft zu schwach wäre
und sie nicht ausreichend fordern könnte … .
Mit anderen Worten – sie zieht die angeblich stärkere Männergegnerschaft vor.
Ob sie noch immer so denkt!? Mußte sie sich doch bereits in der 4. Runde gegen die Nummer 3 der Weltrangliste und amtierende Vizeweltmeisterin Humpy Koneru trotz Weiß mit einem remis zufrieden geben … .
Und heute sollte es sogar noch etwas schwieriger werden, da sie zudem mit Schwarz gegen die Weltmeisterin antreten mußte. Und wer weiß, vielleicht wird sie nach der heutigen Partie ihrer Einstellung zum Frauenschach doch noch ändern, und sie wird in Zukunft auch einmal an einer reinen Frauenschachveranstaltung teilnehmen (mir persönlich würde dies zumindest sehr gut gefallen!)!?
Wie auch immer, war der Titel der Frauen bisher irgendwie nur die Hälfte wert aufgrund des Fehlens der stärksten Spielerin bei jedem Weltmeisterturnier, so hat You Hifan durch diesen Erfolg klargemacht, daß sie eine wahre und würdige Weltmeisterin ist!
Nun, zugegeben, dies war vielleicht nicht die interessanteste Partie des heutigen Tages in Gibraltar, aber wohl doch diejenige mit der größten historischen Bedeutung!
Die interessanteste und spannendste als auch verrückteste Partie des heutigen Tages spielte wohl Polgars Landsmann und Supergroßmeister Zoltan Almasi gegen GM Alberto David (Elo 2598). Diese Partie wurde heute von beiden in der so genannten „Masterclass“-Liveübertragung vorgeführt und analysiert – wer diese Übertragung verpasst haben sollte, braucht nicht traurig zu sein! Hier könnt Ihr sie in aller Ruhe noch einmal ansehen – es lohnt sich!
Recht sehenswert war allerdings auch die Begegnung zwischen GM Emil Sutovski und GM Joe Gallagher -> zur Partie … .
Ganz nett waren zudem der schnelle Schwarzsieg von GM Laznicka und das nette Ende in der Partie von GM Shirov … .
Einen geradezu epischen Kampf konnte man dagegen an Brett 1 verfolgen, wo im rein britischen Duell die englische Nummer eins, GM Michael Adams, gegen eine der großen Nachwuchshoffnungen von der Insel, GM David Howell, eine wahre Seeschlange produzierte … . Howell versuchte dabei mit Schwarz bequem Ausgleich zu erlangen, indem er wie 2 Runden zuvor GM Sabino Brunello ebenfalls das Jänischgambit im Spanier als Verteidigung wählte (hier geht’s zum Partiefragment (dem Ende der Partie Adams – Brunello) – unbedingt ansehen!), gegen welches Adams offenbar erstaunlicherweise keinen theoretischen Giftpfeil im Köcher zu haben scheint! Tatsächlich konnte auch dieses Mal nichts wirklich zählbares aus der Öffnung herausholen, obwohl er offenkundig etwas Neues vorbereitet hatte für den Fall, daß er wieder einmal mit dieser Variante konfrontiert werden sollte, und um den 40. Zug herum schien es, als ob die Partie Remis enden würde, ein Resultat, welches auch von Livekommentator GM Simon Williams prognostiziert wurde. Wer allerdings diese Liveübertragungen in den vergangenen Tagen verfolgt hat, dem wird nicht entgangen sein, daß er mit seinen Prognosen nicht gerade immer richtig lag … .
Und so dürfte nicht nur Adams in der Eröffnung als auch im Endspiel ein Déjà-vus-Erlebnis gehabt haben, sondern auch die Betrachter der oben angeführten Partie zwischen Adams und Brunello – doch seht selbst -> zum Partiefragment (bei dem ich auf die ersten, weniger interessanten 104 Züge verzichtet habe …).